Palamedes redivivus - Inhalte
Jul. 3rd, 2019 10:49 pmAusgehend von Manfred Zollingers Beschreibung der ersten Ausgabe von 1678 ist die Ausgabe von 1719 lediglich um zwei Spiele erweitert worden: Linquiren/Linquieren (ein Kartenspiel) und das Ballspiel (Jeu de Paume oder eine Variation desselben). Bis 1755 sind dann einige weitere Spiele hinzugekommen.
In der nachfolgenden Liste sind die Seitenzahlen von 1719 in (runden Klammern), die von 1755 in [eckigen Klammern] angegeben. Der Satzspiegel scheint sich von 1733 an nicht geändert zu haben, also dürften die eckig eingeklammerten Seitenzahlen von 1755 auch für die Ausgaben von 1733, 1739 und 1749 stimmen. Im Einzelnen geprüft habe ich es allerdings nicht. Die Seitenzahlen von 1719 dürften für die Ausgaben von 1678 und 1722 mehr oder weniger stimmen, ich würde aber mit Abweichungen rechnen. Die neu aufgenommenen Spiele wurden jeweils hinten angehängt.
- Stein- oder Schach-Spiel (3-68) [3-46]
- Zwey Französische Kurzweilige Spiele, Nahmentlich Das Picquet- und Hoick-Spiel, Benebenst dem lustigen Mund- oder Thurn-Spiele (69-71) [46-47] Es handelt sich hierbei um eine kurze Vorrede. Die drei Regeltexte erschienen erstmals 1655 im Verbund.
- Das Picquet-Spiel. (72-106) [47-68] (Vorlage geht auf die 1630er zurück.)
- Das Hoick-Spiel. (106-126) [69-80] (Vorlage geht auf die 1650er zurück.)
- Des lustigen Karten-Spiels Thurn- oder Mund genannt. (126-146) [80-90] (Vorlage geht auf die 1640er zurück.)
- Beschreibung des L‘Ombre-Spiels, aus deme im 1685. Jahr zu Paris gefertigten Druck ins Teutsche übersetzet. (147-178) [91-109]
- Rümpffer-Ordnung. (179-193) [109-119] Keine Spielregel, sondern Verhaltensregeln für die Spielenden - geht auf eine Veröffentlichung von 1609 zurück!
- Regles pour le jeu du Pillard. (194-198) [120-123]
- Leges oder Gesetze, Bey dem so genannten Spiel Linquiren. (199-200) [124-125] Ein Kartenspiel, siehe unten.
- Kürzliche Abhandlung des beliebten Ball-Spiels. (201-209) [125-132]
- Unterricht des Bogel- oder Vogel-Spiels [133-135] Dieses Spiel ist mit dem Pochspiel verwandt. Es ist 1722 in den Palamedes eingegliedert worden (dort S. 222-226). Darauf folgt in der 1722er-Ausgabe ein "Anhang und Vorschrifft, wie sich ein jeder beym Spielen überhaupt zu verhalten und aufzuführen hat" (S. 227-234). In den Ausgabe von 1733 und 1739 ist dieser Anhang ebenfalls vorhanden, allerdings sind die neu aufgenommenen Abschnitte jeweils davor eingefügt, der Anhang also an den Schluss gesetzt. In den Ausgaben von 1749 und 1755 entfällt der Anhang.
- Kurtze und deutliche Nachricht von dem zwey und dreyßig Charten-Spiel, vom Scheffel-Spiel und dem Bösen-Sieben-Spiel [136-137]
- Beschreibung des Piribi-Spiels [138-139, inkl. Tabellenblatt (nicht paginiert)]
- Mariagen-Spiel [139-141]
- Nachricht vom Trisett-Spiel. [142-147]
- Reglement wie es bey dem Lang-Schieben pflegt gehalten zu werden. [147-149] Das ist ein Kegelspiel.
- Regeln bey dem Taroc-Spiele. [150-153] gehen auf eine Veröffentlichung von 1754 zurück.
Über Linquiren finde ich nichts weiter. Es ist auch im "Verzeichnis derjenigen Spiele, welche sich bishero in Europa bekannt gemacht haben", im 2. Band der Kunst die Welt erlaubt mitzunehmen (1756) aufgeführt, scheint aber sonst in dem Werk keine Erwähnung zu finden. Das Wort sieht wie eine Eindeutschung des lat. Verbs linquere aus (bzw. einer Entsprechung in den romanischen Sprachen). Eher unwahrscheinlich halte ich eine Bildung aus l'inquir* oder ähnlichem, zumal ich im Frz. keine passende Vorlage finde (enquérir?).
Kartenspiele bilden einen deutlichen Schwerpunkt im Palamedes Redivivus (Piquet, Hoc, L'Hombre, Rümpfen, Linquieren, Mariage, Trisett, Tarock, außerdem Kartenspiele mit Spielbrett: Turmspiel und Bogel- oder Vogelspiel). Als einziges reines Brettspiel wird Schach behandelt, Jeu de Paume, Billard und Kegeln als eher körperliche Spiele/ Sportarten, und schließlich auf wenigen Zeilen drei Wett- und Glücksspiele (das 32-Karten-Spiel als reines Glücksspiel, Scheffel-Spiel, bei dem Geschicklichkeit/ Treffsicherheit beim Werfen nützlich zu sein scheint, und als Würfel-Trinkspiel die Böse Sieben). Gerade diese letzten drei Spiele bzw. die durch sie vertretenen Spieltypen hatte ich in dieser Sammlung nicht erwartet, da ich davon ausgegangen bin, dass lediglich "anspruchsvollere" bzw. "edlere" Spiele (nach damaligem Verständnis) aufgenommen sein würden.