Rezension von 2015
[Spoiler wurden in dieser Rezension so gut wie möglich vermieden. Die Rezension basiert auf den den Druckausgaben der einzelnen Kapitel; die technische Umsetzung für die elektronische Version kann ich nicht beurteilen.]
Yuggoth Rising, ein "episches Abenteuer in den Welten H.P. Lovecrafts", ist ein deutschsprachiger Independent-Comic von Autor und Zeichner Sebastian Dietz. Der erste Akt vereint drei Kapitel, die zuvor als einzelne Hefte bei Undergroundcomix erschienen waren. Das vierte Kapitel wurde gedruckt Mitte 2015 veröffentlicht; es ist nicht Teil dieser Kindle-Ausgabe. Geplant sind meines Wissens neun Kapitel; wir haben hier also den ersten von wahrscheinlich drei Akten.
Der Comic spielt während weniger Tage im Februar 1930, überwiegend in New York. Sebastian Dietz präsentiert uns eine detaillierte Welt, viele Charaktere, die weitgehend unabhängig voneinander agieren. Und doch gibt es viele kleine Verbindungen, die womöglich erst beim wiederholten Lesen auffallen und die Lektüre bereichern. Dabei wird dieses Puzzle-Spiel nicht zum Selbstzweck erhoben; die Geschichten einzelner Charaktere stehen im Vordergrund. Welche sind das?
Da ist zunächst die junge Madeleine Clark, die in Frankreich Sprachen studiert hat und nun nach New York zu ihrer Mutter zurückkehrt. Allerdings erschweren die Wirren der Wirtschaftskrise die Heimkehr - das Haus der Mutter ist verkauft, die Mutter selbst unauffindbar.
Dann gibt es Marcus Wendricz, einen brillanten Linguisten, der sich mit der Entzifferung der Maya-Glyphen beschäftigt und von dem reichen Industrie-Tycoon Gallagher unter dem Siegel höchster Verschwiegenheit angeheuert wird, um bei einer archäologischen Ausgrabung zu helfen. Und dann ist da noch der nüchterne Klatschreporter McWright, der anlässlich eines Verbrechens mehr über Gallagher und dessen Aktivitäten im "Orden des Leuchtenden Orients" herauszufinden versucht. Und schließlich lernen wir einige Kultisten kennen (unter ihnen Gallagher), die sich in den Traumlanden treffen und offenbar ein großes Ritual planen.
Über den Verlauf der drei Kapitel werden die verschiedenen Handlungsstränge verdichtet und nach und nach zusammengeführt. Für die Leserschaft zeichnet sich nur in Ansätzen ab, worum es gehen könnte, ohne dass wir jedoch wissen, wie es im Einzelnen weitergehen wird. Die übernatürlichen Elemente sind im ersten Akt von Yuggoth Rising noch sehr dezent, auf billige Knalleffekte wird verzichtet (wobei die Geschichte nicht ganz frei von Gewalt und Horror ist). Der Comic im engeren Sinne wird aufgelockert durch unterschiedliche Dokumente am Kapitelende (z.B. ein Brief, Zeitungsartikel, oder eine Polizeiakte), die vertiefende Einblicke in Handlung und Charaktere geben.
Die Zeichnungen sind schwarz-weiß. Diesen Minimalismus beherrscht Sebastian Dietz souverän. Besonders gut gefallen mir die vereinzelten visuelle Effekte, die er gekonnt durch unterschiedliche Linienstärken oder Flächenausfüllung vermittelt, sowie die detailreichen architektonischen Bilder. Die Aufteilung der Geschichte in Seiten und Panels ist handwerklich sehr gut gemacht: abwechslungsreich, aber funktional. Überwiegend gilt das auch für die Einstellungsgrößen (Nahaufnahmen, Halbtotale etc.); nur sehr vereinzelt treten Panels auf, bei denen mir die Wahl z.B. einer Groß- oder Detailaufnahme als Einstellung beliebig vorkommt. Reizvoll finde ich hingegen, wie Sebastian Dietz manchmal ein laufendes Gespräch mit Detailaufnahmen von Motiven der unmittelbaren Umgebung unterlegt.
Yuggoth Rising ist ein ambitionierter, gut gemachter Comic im Genre des phantastischen Horrors, wobei der erste Akt überwiegend nüchtern-kriminalistisch daherkommt. Sebastian Dietz geht erzählerisch wie zeichnerisch mit viel Liebe zum Detail vor, gibt seinen Charakteren eine solide Grundlage und Raum zur Entfaltung. Der Comic ist unterhaltsam und ist es wert, mehr als einmal gelesen zu werden. Ich bin gespannt auf die weiteren Kapitel!
[Spoiler wurden in dieser Rezension so gut wie möglich vermieden. Die Rezension basiert auf den den Druckausgaben der einzelnen Kapitel; die technische Umsetzung für die elektronische Version kann ich nicht beurteilen.]
Yuggoth Rising, ein "episches Abenteuer in den Welten H.P. Lovecrafts", ist ein deutschsprachiger Independent-Comic von Autor und Zeichner Sebastian Dietz. Der erste Akt vereint drei Kapitel, die zuvor als einzelne Hefte bei Undergroundcomix erschienen waren. Das vierte Kapitel wurde gedruckt Mitte 2015 veröffentlicht; es ist nicht Teil dieser Kindle-Ausgabe. Geplant sind meines Wissens neun Kapitel; wir haben hier also den ersten von wahrscheinlich drei Akten.
Der Comic spielt während weniger Tage im Februar 1930, überwiegend in New York. Sebastian Dietz präsentiert uns eine detaillierte Welt, viele Charaktere, die weitgehend unabhängig voneinander agieren. Und doch gibt es viele kleine Verbindungen, die womöglich erst beim wiederholten Lesen auffallen und die Lektüre bereichern. Dabei wird dieses Puzzle-Spiel nicht zum Selbstzweck erhoben; die Geschichten einzelner Charaktere stehen im Vordergrund. Welche sind das?
Da ist zunächst die junge Madeleine Clark, die in Frankreich Sprachen studiert hat und nun nach New York zu ihrer Mutter zurückkehrt. Allerdings erschweren die Wirren der Wirtschaftskrise die Heimkehr - das Haus der Mutter ist verkauft, die Mutter selbst unauffindbar.
Dann gibt es Marcus Wendricz, einen brillanten Linguisten, der sich mit der Entzifferung der Maya-Glyphen beschäftigt und von dem reichen Industrie-Tycoon Gallagher unter dem Siegel höchster Verschwiegenheit angeheuert wird, um bei einer archäologischen Ausgrabung zu helfen. Und dann ist da noch der nüchterne Klatschreporter McWright, der anlässlich eines Verbrechens mehr über Gallagher und dessen Aktivitäten im "Orden des Leuchtenden Orients" herauszufinden versucht. Und schließlich lernen wir einige Kultisten kennen (unter ihnen Gallagher), die sich in den Traumlanden treffen und offenbar ein großes Ritual planen.
Über den Verlauf der drei Kapitel werden die verschiedenen Handlungsstränge verdichtet und nach und nach zusammengeführt. Für die Leserschaft zeichnet sich nur in Ansätzen ab, worum es gehen könnte, ohne dass wir jedoch wissen, wie es im Einzelnen weitergehen wird. Die übernatürlichen Elemente sind im ersten Akt von Yuggoth Rising noch sehr dezent, auf billige Knalleffekte wird verzichtet (wobei die Geschichte nicht ganz frei von Gewalt und Horror ist). Der Comic im engeren Sinne wird aufgelockert durch unterschiedliche Dokumente am Kapitelende (z.B. ein Brief, Zeitungsartikel, oder eine Polizeiakte), die vertiefende Einblicke in Handlung und Charaktere geben.
Die Zeichnungen sind schwarz-weiß. Diesen Minimalismus beherrscht Sebastian Dietz souverän. Besonders gut gefallen mir die vereinzelten visuelle Effekte, die er gekonnt durch unterschiedliche Linienstärken oder Flächenausfüllung vermittelt, sowie die detailreichen architektonischen Bilder. Die Aufteilung der Geschichte in Seiten und Panels ist handwerklich sehr gut gemacht: abwechslungsreich, aber funktional. Überwiegend gilt das auch für die Einstellungsgrößen (Nahaufnahmen, Halbtotale etc.); nur sehr vereinzelt treten Panels auf, bei denen mir die Wahl z.B. einer Groß- oder Detailaufnahme als Einstellung beliebig vorkommt. Reizvoll finde ich hingegen, wie Sebastian Dietz manchmal ein laufendes Gespräch mit Detailaufnahmen von Motiven der unmittelbaren Umgebung unterlegt.
Yuggoth Rising ist ein ambitionierter, gut gemachter Comic im Genre des phantastischen Horrors, wobei der erste Akt überwiegend nüchtern-kriminalistisch daherkommt. Sebastian Dietz geht erzählerisch wie zeichnerisch mit viel Liebe zum Detail vor, gibt seinen Charakteren eine solide Grundlage und Raum zur Entfaltung. Der Comic ist unterhaltsam und ist es wert, mehr als einmal gelesen zu werden. Ich bin gespannt auf die weiteren Kapitel!