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Zwei Kurzgeschichten von Lena Richter (lenarichter.com) hat der Ach je Verlag (ach.je - eine reizende URL, wie ich finde) 2019 in einem kleinen Büchlein von 42 Seiten veröffentlicht. Es handelt sich um eine Sonderauflage mit nur 50 gedruckten Exemplaren.
Die erste Geschichte ("Feuer") ist etwas länger als die zweite ("Was einmal war"), und mir persönlich hat sie auch etwas besser gefallen. Stark sind aber beide. "Was einmal war" scheint die ältere der beiden Geschichten zu sein; es gibt sie auch in einer kostenlosen Onlineversion auf Lena Richters Homepage: Was einmal war.
[Feuer] Von düster bis hoffend: Spannendes Ereignis und fantastisches Worldbuilding
"Feuer" ist eine kraftvolle Kurzgeschichte über Tarnik, einen Jugendlichen, der mit überwältigenden Wutanfällen kämpft, die er nicht kontrollieren kann. Um seine Väter und seine Schwester nicht zu verletzen, rennt er fort. Richter beschreibt uns ihren Protagonisten als jungen Menschen, der Geschichten liebt, dessen zerstörerische Wut ihm aber die Hoffnung nimmt, jemals ein geordnetes Leben in der Gemeinschaft zu führen.
Tarniks Innenleben erfahren wir aus seiner eigenen Perspektive, und als Ich-Erzähler lässt er uns auch an der Begegnung teilhaben, die einen Wendepunkt für ihn darstellt und ihm neue Hoffnung gibt.
Mir gefällt an der Geschichte besonders, wie Richter ihre postapokalyptische Welt entfaltet: Natürlich werden manche Aspekte einfach aus Tarniks Blickwinkel beschrieben und erklärt. Atmosphärisch wundervoll und gekonnt sind aber die Neologismen, die die Autorin in ihre Sätze flicht: Drohnenvögel, Glühstaub, Holospiele und weitere Ausdrücke durchsetzen die Geschichte und meistern den Balanceakt, das Beschriebene einerseits anschaulich und vorstellbar zu machen, andererseits aber auch fremd und fantastisch.
[Was einmal war] Märchenhaftbarkeit?
Die zweite Geschichte ist düsterer, bitterer als die erste. Auch sie ist in Ich-Perspektive verfasst. Die Protagonistin erzählt von und für ihre Schwester, die im Koma liegt, nachdem ein Mann sie im Anschluss an eine Party überfallen hat. Der Täter (stets als "die Bestie" bezeichnet) wurde nie gefasst. Die Ich-Erzählerin reflektiert, dass die Protagonistinnen in Märchen sie wütend machen: schön, still, leidend, hilflos. Unselbständig. Und so sind in die Geschichte immer wieder neuerzählte Märchen und Mythen eingebaut, in denen die weibliche Hauptfigur zur aktiven Heldin wird.
Die Haupthandlung jedoch bleibt trist. Die beinahe kühlen Worte kontrastieren mit der Trauer und der unterschwelligen Wut gegenüber der Welt, in der gewalttätige Monster ungestraft davonkommen und eine fortwährende Bedrohung darstellen. Während mir die Geschichte insgesamt etwas zu düster war, möchte ich die Umwandlungen der klassischen Märchen und griechischen Sagen loben: Mit wenigen Sätzen nur sind die Märchen angerissen, werden die Heldinnen aus ihrer passiven Rolle zu Handlungsträgerinnen ermächtigt und neue Schicksale gesponnen. Das ist wuchtig und einfach gut geschrieben.
Da ich online Inhaltswarnungen für die beiden Geschichten finde (vorbildlich!), finde ich es schade, dass diese nicht auch im Buch und auf der Verlagshomepage aufgenommen sind.
Die Druckfassung kommt als Leseheft mit Klammerbindung daher, Schrift und Layout sind (für meine ungeschulten Augen) ansprechend und angenehm. Es freut mich, dass kleine Verlage diese Arbeit leisten und mir helfen, meine Bücherregale zu bereichern.
Klare Kauf- und Leseempfehlung!
Lena Richter – Feuer & Was einmal war – 2 Kurzgeschichten
Sonderausgabe, 50 Exemplare
Leseheft, 11×17,6cm, 40 Seiten, Ach je Verlag 2019
https://ach.je/produkt/lena-richter-feuer-was-einmal-war/
"Feuer" gibt es auch als Ebook; Links dazu findest du unter queerwelten.de.
Und wo wir schon bei der Seite sind: Das möchte ich mir jetzt genauer ansehen und gern die erste Ausgabe des Magazins kennenlernen, die aktuell noch in Arbeit ist.
Queer*Welten hat außerdem noch bis zum 12.12.2019 eine sehr schöne Aktion laufen, bei der ihr gegen Nachweis einer wohltätigen Spende (egal wie hoch) an der Verlosung einer Reihe von Buchpaketen teilnehmt. In einem der Buchpakete ist auch der hier rezensierte Sonderdruck enthalten. Näheres dazu findet ihr hier: Hoffnung spenden. Macht mit!
Die erste Geschichte ("Feuer") ist etwas länger als die zweite ("Was einmal war"), und mir persönlich hat sie auch etwas besser gefallen. Stark sind aber beide. "Was einmal war" scheint die ältere der beiden Geschichten zu sein; es gibt sie auch in einer kostenlosen Onlineversion auf Lena Richters Homepage: Was einmal war.
[Feuer] Von düster bis hoffend: Spannendes Ereignis und fantastisches Worldbuilding
"Feuer" ist eine kraftvolle Kurzgeschichte über Tarnik, einen Jugendlichen, der mit überwältigenden Wutanfällen kämpft, die er nicht kontrollieren kann. Um seine Väter und seine Schwester nicht zu verletzen, rennt er fort. Richter beschreibt uns ihren Protagonisten als jungen Menschen, der Geschichten liebt, dessen zerstörerische Wut ihm aber die Hoffnung nimmt, jemals ein geordnetes Leben in der Gemeinschaft zu führen.
Tarniks Innenleben erfahren wir aus seiner eigenen Perspektive, und als Ich-Erzähler lässt er uns auch an der Begegnung teilhaben, die einen Wendepunkt für ihn darstellt und ihm neue Hoffnung gibt.
Mir gefällt an der Geschichte besonders, wie Richter ihre postapokalyptische Welt entfaltet: Natürlich werden manche Aspekte einfach aus Tarniks Blickwinkel beschrieben und erklärt. Atmosphärisch wundervoll und gekonnt sind aber die Neologismen, die die Autorin in ihre Sätze flicht: Drohnenvögel, Glühstaub, Holospiele und weitere Ausdrücke durchsetzen die Geschichte und meistern den Balanceakt, das Beschriebene einerseits anschaulich und vorstellbar zu machen, andererseits aber auch fremd und fantastisch.
[Was einmal war] Märchenhaftbarkeit?
Die zweite Geschichte ist düsterer, bitterer als die erste. Auch sie ist in Ich-Perspektive verfasst. Die Protagonistin erzählt von und für ihre Schwester, die im Koma liegt, nachdem ein Mann sie im Anschluss an eine Party überfallen hat. Der Täter (stets als "die Bestie" bezeichnet) wurde nie gefasst. Die Ich-Erzählerin reflektiert, dass die Protagonistinnen in Märchen sie wütend machen: schön, still, leidend, hilflos. Unselbständig. Und so sind in die Geschichte immer wieder neuerzählte Märchen und Mythen eingebaut, in denen die weibliche Hauptfigur zur aktiven Heldin wird.
Die Haupthandlung jedoch bleibt trist. Die beinahe kühlen Worte kontrastieren mit der Trauer und der unterschwelligen Wut gegenüber der Welt, in der gewalttätige Monster ungestraft davonkommen und eine fortwährende Bedrohung darstellen. Während mir die Geschichte insgesamt etwas zu düster war, möchte ich die Umwandlungen der klassischen Märchen und griechischen Sagen loben: Mit wenigen Sätzen nur sind die Märchen angerissen, werden die Heldinnen aus ihrer passiven Rolle zu Handlungsträgerinnen ermächtigt und neue Schicksale gesponnen. Das ist wuchtig und einfach gut geschrieben.
Da ich online Inhaltswarnungen für die beiden Geschichten finde (vorbildlich!), finde ich es schade, dass diese nicht auch im Buch und auf der Verlagshomepage aufgenommen sind.
Die Druckfassung kommt als Leseheft mit Klammerbindung daher, Schrift und Layout sind (für meine ungeschulten Augen) ansprechend und angenehm. Es freut mich, dass kleine Verlage diese Arbeit leisten und mir helfen, meine Bücherregale zu bereichern.
Klare Kauf- und Leseempfehlung!
Lena Richter – Feuer & Was einmal war – 2 Kurzgeschichten
Sonderausgabe, 50 Exemplare
Leseheft, 11×17,6cm, 40 Seiten, Ach je Verlag 2019
https://ach.je/produkt/lena-richter-feuer-was-einmal-war/
"Feuer" gibt es auch als Ebook; Links dazu findest du unter queerwelten.de.
Und wo wir schon bei der Seite sind: Das möchte ich mir jetzt genauer ansehen und gern die erste Ausgabe des Magazins kennenlernen, die aktuell noch in Arbeit ist.
Queer*Welten hat außerdem noch bis zum 12.12.2019 eine sehr schöne Aktion laufen, bei der ihr gegen Nachweis einer wohltätigen Spende (egal wie hoch) an der Verlosung einer Reihe von Buchpaketen teilnehmt. In einem der Buchpakete ist auch der hier rezensierte Sonderdruck enthalten. Näheres dazu findet ihr hier: Hoffnung spenden. Macht mit!